Kategorie: Uncategorized

  • Wichtige Begriffe rund um Long Covid

    Dieses Lexikon erklärt die wichtigsten Fachbegriffe rund um Long Covid in verständlicher Sprache. Es soll Betroffenen, Angehörigen und Interessierten helfen, sich besser zu orientieren. Die Sammlung wird nach und nach erweitert, sodass Du hier immer wieder neue Erklärungen findest.

    Long Covid

    Unter Long Covid versteht man gesundheitliche Beschwerden, die länger als vier Wochen nach einer Infektion mit Sars-CoV-2 bestehen bleiben. Der Begriff dient als Sammelbezeichnung für verschiedene Krankheitsverläufe, zu denen auch Post-Covid und ME/CFS gehören.

    Post-Covid

    Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Post-Covid als Beschwerden, die mindestens drei Monate nach einer Sars-CoV-2-Infektion auftreten und für mehr als 8 Wochen fortbestehen und sich nicht anders erklären lassen. Der Begriff grenzt innerhalb des Long-Covid-Spektrums insbesondere längerfristige oder chronische Verläufe ab.

    Die folgende Abbildung grenzt Post-Covid von der allgemeineren Bezeichnung Long-Covid ab:

    © Bundesministerium für Gesundheit, Stand: 12/2024
    Lizenziert unter CC-BY-ND

    Fatigue

    Fatigue beschreibt eine extreme geistige und körperliche Erschöpfung, die Betroffene daran hindert, alltägliche Aufgaben zu bewältigen. Das Symptom tritt auch bei anderen Erkrankungen wie multipler Sklerose oder Krebs auf. Im Gegensatz zu diesen Erkrankungen lässt sich Fatigue bei ME/CFS weder durch Schlaf noch durch sportliche Aktivität verbessern.

    Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS)

    ME/CFS ist eine schwere Multisystemerkrankung, die häufig durch Virusinfektionen wie Covid-19 ausgelöst wird. Typisch sind eine Verschlechterung der Symptome nach Belastung (PEM) sowie eine ausgeprägte Energielosigkeit (Fatigue). Weitere Beschwerden können Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Schlafprobleme, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Schmerzen und Überempfindlichkeiten gegenüber Reizen wie Licht oder Geräuschen sein.

    Pacing

    Pacing ist eine Methode des Krankheitsmanagements, bei der Betroffene lernen, ihre Energie bewusst einzuteilen und die eigenen Belastungsgrenzen nicht zu überschreiten. Ziel ist es, eine Post-exertionelle Malaise (PEM) möglichst zu vermeiden und die Lebensqualität zu stabilisieren.

    Post-exertionelle Malaise (PEM)

    PEM ist das Leitsymptom von ME/CFS. Es bezeichnet eine zeitlich verzögerte Verschlechterung des Gesundheitszustands oder das Auftreten neuer Symptome nach körperlicher oder geistiger Anstrengung. Viele Betroffene sprechen dabei von einem „Crash“. Schon geringe Belastungen wie Sitzen, Stehen oder Sinnesreize können eine PEM auslösen. Typischerweise treten die Beschwerden 12 bis 48 Stunden nach der Belastung auf und halten Tage bis Wochen an, in schweren Fällen dauerhaft.

  • Neuro-Covid: Erkenntnisse aus dem EU-Projekt NeuroCOV

    Seit Beginn der Corona-Pandemie ist klar: Für viele Menschen endet die Infektion nicht nach einigen Tagen oder Wochen. Long Covid kann über Monate oder Jahre hinweg Beschwerden verursachen – besonders im neurologischen Bereich. Fatigue, Konzentrationsprobleme, Gedächtnisstörungen und sogenannter Brain Fog zählen zu den häufigsten Symptomen. Fachleute fassen diese unter dem Begriff Neuro-Covid zusammen. Während anfangs vermutet wurde, das Virus dringe direkt ins Gehirn ein, gehen Forschende heute von komplexeren Wechselwirkungen zwischen Immunsystem und Nervenzellen aus.

    Um diese Prozesse besser zu verstehen, wurde 2022 das EU-finanzierte Projekt NeuroCOV gestartet. Koordiniert wird es von Joachim Schultze am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Bonn. Ziel ist es, die molekularen Grundlagen der Erkrankung zu entschlüsseln und langfristig gezielte Therapien zu entwickeln. In einem Interview, das zuerst auf spektrum.de erschien und ebenfalls auf zeit.de veröffentlicht wurde, berichtet Schultze über Herausforderungen, überraschende Erkenntnisse und die gesellschaftliche Bedeutung dieser Forschung.

    Was steckt hinter Neuro-Covid?

    Viele Long-Covid-Betroffene leiden unter schwerer Erschöpfung, Konzentrationsproblemen und Gedächtnislücken – Symptome, die unter dem Sammelbegriff Neuro-Covid geführt werden. Laut Schultze zeigen bis zu 90 Prozent der Patientinnen und Patienten solche Beschwerden. Dabei gibt es auffällige Parallelen zum Krankheitsbild ME/CFS, das ebenfalls durch Viren ausgelöst werden kann. Schultze geht davon aus, dass Long Covid langfristig als Unterform von ME/CFS betrachtet werden könnte. Die Erkrankung ist in jedem Fall sehr vielfältig und zeigt sich in ganz unterschiedlichen Ausprägungen – von mild bis schwerstkrank.

    Das Ziel von NeuroCOV

    Das Projekt NeuroCOV will genau verstehen, warum das Gehirn nach einer Corona-Infektion so häufig betroffen ist. Dabei reicht die Forschung von der Untersuchung einzelner Zellen bis hin zur Auswertung großer Datenmengen aus Patientenregistern. Neu ist, dass molekulare Analysen direkt mit klinischen Beobachtungen verknüpft werden. Außerdem arbeiten Fachleute aus vielen verschiedenen Ländern und Disziplinen zusammen – darunter Neuropathologie, Immunologie und Informatik. Diese enge Zusammenarbeit sei entscheidend, so Schultze, um das gesamte Spektrum der Erkrankung zu erfassen.

    Welche Veränderungen treten im Gehirn auf?

    Frühere Studien haben gezeigt, dass das Gehirnvolumen nach einer Infektion abnehmen kann. Hinzu kommen Entzündungen, Veränderungen der Blutgefäße und in manchen Fällen Eiweißablagerungen, die auch bei Alzheimer zu finden sind. Ob das Virus diese Prozesse auslöst oder bestehende Erkrankungen beschleunigt, ist jedoch noch unklar. Sicher ist nur: Menschen mit Neuro-Covid haben ein deutlich verändertes Immunsystem, das anders reagiert als bei Menschen, die nach der Infektion wieder gesund werden.

    Wie wird geforscht?

    Die Forschenden nutzen modernste Methoden, um die Krankheitsmechanismen aufzuspüren. Dazu gehören Blut- und Nervenwasseranalysen, Einzelzellgenomik und künstlich gezüchtete Mini-Gehirne aus Stammzellen. Zusätzlich werden KI-gestützte Simulationen eingesetzt, um mögliche Zusammenhänge zwischen Immun- und Nervenzellen zu erkennen. So soll herausgefunden werden, welche Prozesse im Körper genau aus dem Gleichgewicht geraten und wie man sie wieder stabilisieren könnte.

    Therapien noch in weiter Ferne

    Eine einheitliche Behandlung für alle Betroffenen wird es nach Einschätzung von Schultze nicht geben. Dafür sind die Krankheitsbilder zu unterschiedlich. Stattdessen sollen Biomarker entwickelt werden, mit deren Hilfe sich Betroffene in Untergruppen einteilen lassen. Auf dieser Grundlage könnten gezielte Therapien entstehen – etwa Medikamente, die das Immunsystem regulieren oder Autoantikörper ausschalten. Erste klinische Studien laufen bereits, doch der Weg bis zu wirksamen Medikamenten ist noch lang und hängt stark von der Finanzierung ab.

    Warum die Forschung so wichtig ist

    Long Covid ist nicht nur ein individuelles Schicksal, sondern auch ein gesellschaftliches Problem. Viele Menschen können nicht mehr arbeiten und sind dauerhaft eingeschränkt. Schultze betont, dass die Politik und die Gesellschaft mehr tun müssen, um Betroffenen eine Stimme zu geben und ihre Lage zu verbessern. Nur durch ausreichend Forschung und Kooperation können langfristig wirksame Therapien entwickelt werden. Für Schultze ist klar: Es darf nicht passieren, dass die schwer Erkrankten vergessen werden.

  • Long COVID bei Kindern: Neue Studie zeigt erhöhtes Risiko nach Reinfektionen

    Long COVID – auch als Post-acute sequelae of SARS-CoV-2 (PASC) bezeichnet – bleibt eine ernsthafte, komplexe und langanhaltende Folgeerkrankung nach einer Corona-Infektion. Weltweit sind Erwachsene wie auch Kinder betroffen, unabhängig davon, wie schwer die akute Infektion verlaufen ist. Während sich bisherige Studien vor allem auf Erstinfektionen mit frühen Virusvarianten konzentriert haben, liefert nun eine große US-Studie neue Erkenntnisse zu Reinfektionen bei Kindern und Jugendlichen. Die Studie wurde publiziert in The Lancet Infectious Diseases publiziert und zwischenzeitlich auch vom Deutschen Ärzteblatt aufgegriffen.

    Neue Erkenntnisse aus einer groß angelegten Studie

    Für die Studie wurden Daten von knapp 466.000 Kindern und Jugendlichen unter 21 Jahren aus 40 Kinderkliniken in den USA zwischen Januar 2022 und Oktober 2023 untersucht. Das Ergebnis ist alarmierend: Nach einer Reinfektion mit SARS-CoV-2 verdoppelte sich das Risiko, an Long COVID zu erkranken.

    Ergebnisse im Detail

    Während bei Erstinfektionen rund 900 von einer Million Kinder innerhalb von sechs Monaten betroffen waren, stieg die Zahl nach Reinfektion auf fast 1.900 pro Million. Zudem traten zahlreiche Begleitsymptome wie Herzrhythmusstörungen, Geschmacks- und Geruchsverlust, Thrombosen, Nierenprobleme, Erschöpfung und kognitive Einschränkungen deutlich häufiger auf.

    Gesellschaftliche Folgen von Long COVID

    Die Ergebnisse machen deutlich: Kinder können nicht nur nach der ersten Infektion, sondern auch nach erneuten Ansteckungen Long COVID entwickeln. Schätzungen zufolge sind allein in den USA bereits rund sechs Millionen Kinder betroffen – mehr als an Asthma leiden. Viele haben monatelang oder sogar jahrelang Symptome, die Schule, Sport und soziale Kontakte verhindern. Damit drohen langfristige Entwicklungs- und Bildungsrückstände, die auch wirtschaftliche und psychologische Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft haben können.

    Grenzen der Prävention

    Die Studie zeigt auch die Grenzen der Prävention auf. Masken und andere nicht-medikamentöse Maßnahmen lassen sich auf Bevölkerungsebene schwer dauerhaft durchsetzen. Verbesserungen der Luftqualität in Schulen und öffentlichen Gebäuden gelten als vielversprechend, stecken aber noch in den Anfängen. Impfungen schützen zwar vor schweren Krankheitsverläufen, bieten jedoch nur begrenzten Schutz vor Long COVID, und viele Impfprogramme wurden bereits zurückgefahren. Infektionsvermeidung allein wird also nicht ausreichen.

    Dringender Bedarf an Therapien und Forschung

    Umso dringender ist die Entwicklung von Therapien für Kinder mit Long COVID. Während klinische Studien für Erwachsene bereits laufen, fehlen pädiatrische Studien bislang fast vollständig. Aufgrund regulatorischer Hürden müssen Kinder oft jahrelang warten, bis sie Zugang zu wirksamen Behandlungen haben – wertvolle Zeit, in der Krankheitssymptome die Entwicklung beeinträchtigen können.

    Forderung nach spezialisierten Zentren

    Die Autorinnen und Autoren der Studie fordern den Aufbau spezieller Forschungszentren für pädiatrisches Long COVID, die frühe Diagnosen, symptomorientierte Behandlung und psychosoziale Unterstützung ermöglichen. Zudem muss Long COVID als ernstzunehmende, organische Multisystem-Erkrankung anerkannt werden, um Fehldiagnosen zu vermeiden.

    Fazit

    Long COVID ist auch für Kinder und Jugendliche eine reale und wachsende Bedrohung. Wiederholte Corona-Infektionen verschärfen das Risiko deutlich. Maßnahmen zur Prävention von Infektionen, z.B. der Einsatz von Luftfiltern in Schulen und Kitas, sind notwendig, um die individuellen und gesellschaftlichen Folgen zu mildern.